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Skitouren Expedition

  • Autorenbild: Anna Sibel
    Anna Sibel
  • 12. Juni 2023
  • 7 Min. Lesezeit

Durch die Hilfe unserer Eltern und dem Expeditionsveranstalter Clearskies wurde es möglich, dass wir unsere Ski aus Tittmoning und Innsbruck nach La Paz transportiert bekommen haben. Daher schon mal ein großes Dankeschön, ansonsten hätten wir die folgenden Erlebnisse nicht machen können.

Ein erstes Kennenlernen gab es ja bereits bei einem Abendessen in La Paz. Darf ich euch also vorstellen:

Am 15.04. startet dann das richtige Bergsteigerprogramm. Wir fahren von La Paz Richtung Condoriri Gebirge.

Unser Fahrer Umberto ringt sogar Hannes aufrichtigen Respekt ab.

Weil die Schneelage etwas schlechter ist als erwartet, streichen wir die erste Skitour und steigen direkt in unser Basislager auf. Der Großteil des Gepäcks, also Ski, Zelt, Schlafsack etc. wird dabei von Mulis und Eseln getragen. Der Weg dorthin geht an 2 schönen Seen vorbei. Begleitet werden wir von 3 bolivianischen Bergführern Hugo, Alberto und Hilarion. Alberto ist auch der Koch für die kommenden Tage, zur Unterstützung hat er zwei Damen dabei, welche alle Wanderungen in der traditionellen Tracht aus Bolivien absolvieren, als Rucksack dient ihnen nur ein geschickt gebundenes Tuch.

Wir werden großzügig verköstigt, immer gibt es Suppe und Hauptspeise, Tee und Kaffee sowie etwas Süßes. Am Abend gehen wir dann mit vollen Bäuchen ins Bett, leider wird die erste Nacht sehr sehr kalt und dazu kommt, dass Hannes Verdauung ab hier beschließt völlig verrückt zu spielen. Rückblickend wissen wir, dass hier die Parasiten ihr Unwesen getrieben haben.



Pico Austria - 5.320m

Wenig erholt kriechen wir im Morgengrauen aus unseren Zelten. Als erste Akklimatisationstour steht der Pico Austria als Wanderberg am Plan. Anfangs unterhalten sich alle noch lustig, als wir dann aber über 5.000m kommen, wird die Luft doch dünner und wir kommen ins Schwitzen.

Oben angekommen, werden wir mit einem atemberaubenden Ausblick über das Condoriri Gebirge belohnt. In die andere Richtung sieht man sogar bis nach La Paz. Ich verspeise genüsslich ein von der Mama handbemaltes Osterei, Hannes macht sich an einem Lindhasen zu schaffen - Schöner wird es so schnell nicht mehr.

Zufrieden machen wir uns auf den Weg zurück ins Basecamp - Hannes plagen dabei heftige Magenkrämpfe. Aber leider gibt es nicht viel, das man tun kann, um ihm zu helfen. Mit zunehmender Zeit geht es Hannes immer schlechter. Am Ende liegt er nur noch im Zelt und hat dabei auch Fieber. Zum Glück haben wir die beiden Ärzte René und Wolfgang im Team und sie können mit den richtigen Medikamenten Abhilfe schaffen, trotzdem wird von den Ärzten und unserem Bergführer Werner beschlossen, dass Hannes bei der morgigen Skitour aussetzen muss.

Pico Tarija - 5.300m

Um 4 Uhr Nachts machen wir uns auf den Weg. Schweren Herzens lasse ich Hannes zurück im Zelt. Ab jetzt ist sowohl er als auch ich auf sich alleine gestellt. Für eine Stunde müssen wir die Ski tragen, ich bin ganz offenkundig kein Fan davon. Beim Ski anziehen hilft mir Gabriel und in der Morgendämmerung steigen wir dem Gipfel entgegen. Gemeinsam mit Tina und Werner bilde ich das Schlusslicht. Die Skitour ist anstrengend, aber technisch nicht schwierig. Nur am Ende gibt Werner Tipps, wie wir die Spitzkehren besser machen könnten- Zauberwort ist hier "Hang parallel". Am Gipfel angekommen, werden wir herzlich von den anderen empfangen. Die Sonne strahlt uns entgegen und es ist richtig warm. Eine schöne Skitour, nur schade, dass der Hannes nicht dabei ist.



Die Abfahrt ist toll, einer fährt besser Ski als der andere, da hab ich noch viel zu lernen. Hannes empfängt uns beim Abstieg, zum Glück geht es ihm besser, aber er ist traurig, die Tour verpasst zu haben. Wir packen unser Lager zusammen und steigen ab, heute Abend und morgen wird zur Erholung genutzt. Auf den letzten Metern mache ich den Fehler, dass ich barfuß auf einem vermeintlichen Moosfeld gehe. Das Moos stellt sich eher als Kaktus heraus und Hannes muss mir jeden Stachel einzeln aus der Fußsohle ziehen.




Nevado Mururata - 5.864m

Nach unserem Ruhetag fahren wir jetzt Richtung Nevado Mururata. Umberto fährt auf einer sehr schmalen Straße zu unserem "Mittagessensplatz". Wir vertreiben uns die Zeit schlafend in der Sonne. Vollgefressen geht es zum Basecamp, der Weg ist gesäumt von Blumen und überall laufen Lamas herum. Ein wunderschöner Sonnenuntergang beendet den Abend.

Wieder starten wir sehr früh in der Dunkelheit. Zum Glück müssen wir die Ski nur 30 Minuten tragen. Heute fühle ich mich aber irgendwie sehr schwach und der Aufstieg ist die reinste Qual. Der Wind bläst stark und die Sonne geht so auf, dass sie uns ewig nicht berührt. Es ist dadurch eisig kalt und ich bin unglaublich müde. Manchmal mache ich die Augen zu und schiebe die Ski wie blind durch die Spur von Hannes. Ich bin schon am Zweifeln, ob ich es überhaupt zum Gipfel schaffe. Der Gipfel selbst liegt auf einem Plateau, auf diesem angekommen bin ich mir sicher, dass ich jetzt auch noch die letzte Stunde schaffe, weil wir eigentlich nur noch Strecke und keine Höhenmeter zurücklegen müssen. Auf halbem Weg macht uns aber das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Der vorherige Ausblick auf den Hausberg von La Paz den Illimani wird nun von Wolken verdeckt. Es fängt sogar an zu schneien. Wir entscheiden daher gemeinsam, dass wir abfahren wollen, auch wenn nur mehr 50hm fehlen.

Rückblickend genau richtig, weil der Schneefall immer stärker wurde. Gegen 9 kommen wir komplett durchgefroren am Zelt an und kuscheln uns in unsere Schlafsäcke. Wir beide fallen in einen tiefen, sehr erholsamen Schlaf und wachen erst wieder auf, als die Sonne doch wieder herauskommt und unser Zelt aufheizt.

Irgendwie beschwingt machen wir uns an den Abstieg. Unsere Rückfahrt führt uns dieses Mal aber nicht nach La Paz, sondern in eine Lodge außerhalb der Stadt. Der folgende Tag ist ein Reisetag - es geht in den Sajama Nationalpark. Dort steht nicht nur der höchste Berg Boliviens (Sajama), sondern auch unser nächstes Ziel der Vulkan Parinacota. Den Tag lassen wir in einer heißen Quelle mit einem Bier ausklingen.

Parinacota - 6.380m

Man kann nicht wirklich von einer erholsamen Nacht sprechen, wenn man bedenkt, dass wir um 2 Uhr abgeholt werden, um eine Stunde zu unserem Ausgangspunkt zu fahren. An vielen schlafenden Lamas vorbei, kommen wir an einem Platz aus schwarzem Sand an. Wir schnallen unsere Ski auf die Rucksäcke, noch nicht ahnend, dass wir die Ski nicht wie erwartet 1,5h tragen müssen, sondern 3h. Der Sand und die Tourenschuhe machen das nicht gerade leichter. Endlich am Skianlegeplatz angekommen, wirft Tina den Rucksack auf den Boden, legt sich in den Schnee und schreit: "Oasch" - sie spricht mir aus der Seele und bringt die ganze Runde zum Lachen. Die letzten Stunden waren bis auf den Sonnenaufgang wirklich oasch.

Wenigstens scheint uns jetzt die Sonne in den Rücken und die Temperaturen sind angenehm. Sehr sehr langsam kämpfe ich mich nach oben. Hannes zieht bei ca. 5.900m davon, weil mein Tempo ihm langsam wird. Aber René und ich sind genau gleich schnell und schaffen es mit viel gutem Zureden und Kokazuckerln auf den Gipfel. Für die letzten 400hm haben wir 2h gebraucht. Ich dachte, wir kommen nie an und als ich die Gruppe auf dem Gipfel erblicke, bin ich den Tränen nahe.

Auf dem Gipfel sieht man wunderbar in den tiefen Krater des Parinacota, die Atacama-Wüste bis nach Chile und auch die beiden nahegelegenen Berge Sajama und Pomerape.

Unser erster 6.000er - beflügelt machen wir uns an die im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubende Abfahrt. Nach maximal 10 Schwüngen muss man außer Atem stehenbleiben. Aber der ebenmäßige Hang des Vulkans ist der reinste Genuss.

Bis wir endlich wieder im Tal sind und im Bus Richtung La Paz sitzen, ist es schon 5 und ich schlafe nach 10 Minuten Fahrt ein. Zum Glück ist morgen ein Ruhetag.

Chachacomani - 6.047m

Ich denke es wäre übertrieben, wenn man behauptet, dass wir unseren Aufbruch zu der letzten Tour voller Elan angegangen sind. Früh fahren wir los, weil wir zu unserem Basislager mit Mittagspause ca. 6h aufsteigen werden. Wunderschön geht man zuerst durch ein weites Tal und dann steil zu einem Hochmoor und weiters zu einer Lagune auf.


An der Lagune schlagen wir unser Nachtlager auf, dahinter liegt ein sehr steiler eingefrorener Hang, diesen müssen wir am nächsten Morgen um 2 Uhr in der Nacht mit Pickel und Steigeisen am kurzen Seil überwinden. Dann geht es lange in der Dunkelheit über große Gletscherspalten. Man muss bedenken, dass Hannes seit dem Condoriri Gebirge mit Magenkrämpfen und Durchfall zu kämpfen hat. Unser österreichischer Bergführer muss sich das gleiche wie Hannes eingefangen haben, der ist nämlich seit der Mururata Tour nicht mehr mit von der Partie und auch mich hat es mittlerweile erwischt. Das zehrt ziemlich an meinen Kräften und auch in einer Seilschaft wegen Darmproblemen auszutreten, war nicht gerade "on top of my list". Als die Sonne uns endlich zeigt, wo wir überhaupt sind und wie weit es noch bis zum Gipfel ist, geht mein Wille dem Ende zu.




Tina ist auch nicht mehr richtig motiviert, doch Gabriel und Hannes überreden uns noch den nächsten Hang mit ihnen zu besteigen und dann weiter zu schauen. Die Salamitaktik wirkt - wir schaffen es zum Skidepot, legen unsere Steigeisen an und machen die letzten Meter hinauf auf den steilen Grad.

Nach einer kurzen Pause machen wir uns an die Abfahrt. Der Schnee ist dieses Mal perfekt und alle schwärmen nur, dass es für sie die tollste Abfahrt von allen war.




Im Basecamp angekommen sind wir dann zwar müde, aber es bleibt keine Zeit für lange Pausen, weil wir heute noch zurück nach La Paz wollen. Die 10km weite Wanderung raus aus dem Tal war einfach die Hölle. Keiner hatte mehr Lust, nicht nur der Kopf, sondern auch der Körper ist müde, wenn man 16h unterwegs ist. Noch bevor das Auto losfährt, schlafe ich ein.

Abschied

Der letzte Tag bricht an und es heißt Abschied nehmen bei einem Abendessen. Hugo unser bolivianischer Bergführer kommt auch. Und bei viel Wein, Pisco Sour und Bier lassen wir die letzten Tage Revue passieren. Ich habe die Gesellschaft der erst Fremden und jetzt Bergfreunde sehr genossen und bin ein bisschen traurig bei dem Gedanken, dass die lustige Truppe nicht mehr bei uns sein wird. Aber wer weiß, vielleicht sieht man sich ja bei der nächsten Expedition von Clearskies.


Hier noch mehr Fotos für diejenigen, die noch nicht genug haben:


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