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Byebye La Paz

  • Autorenbild: Anna Sibel
    Anna Sibel
  • 6. Juli 2023
  • 4 Min. Lesezeit

Man kann sagen, dass wir La Paz recht unerwartet ins Herz geschlossen haben. Zuerst hat Hannes prophezeit, dass es sich dort zum ersten Mal nach 3. Weltland anfühlen wird, das stimmt auch irgendwie, trotzdem hat mich diese verrückte Stadt mit ihrem wunderschönen Umland in ihren Bann gezogen.

Wie erwähnt, sind unsere Skitourenfreunde abgereist. Wir beschließen, dass wir die Yungas Straße auch genannt "Death Road" mit dem Mountainbike abfahren wollen. Im Anschluss wollen wir uns noch 3 Tage in der Zona Sur (einem für uns neuen Stadtteil) entspannen bzw. (eigentlich das Gegenteil) unser Marathontraining intensivieren.



So kommt es also, dass wir schon nach nur einem Ruhetag wieder in einem Reisebus sitzen und eine Stunde zu dem Ausgangspunkt der Death Road Tour aufmachen. Irgenwie sind Hannes und ich genervt, vielleicht hätten wir uns doch etwas mehr Zeit mit der nächsten Aktivität lassen sollen, aber gut jetzt sind wir schon mitten drin. Auf dem Pass angekommen, werden wir mit unserer Ausrüstung und den Bikes ausgestattet. Unsere Outfits sind ziemlich stylish.






Wir starten unsere Tour auf 4.700m am Ende des Tages werden wir auf einer Höhe von 1.200m die Tour beenden, dabei bauen wir alle Höhenmeter mit dem Rad ab.

Vielleicht ist jetzt auch der Moment um kurz die Hintergründe der Yungas Straße zu erklären. Gebaut wurde die Straße von paraguayanischen Kriegsgefangenen in den 30er Jahren. Sie war eine der ersten Straßen, welche die nördlichen Amazonasgebiete Boliviens mit der Hauptstadt La Paz verband. Den Namen Death Road hat sich die Straße eingehandelt, weil bis 2007 ca. 200 - 300 Personen auf dieser Straße starben. Gründe dafür gibt es viele - Steinschläge, Erdrutsche, lange einspurige Passagen ohne Leitplanken, Nebel und vieles mehr. Mittlerweile gibt es eine neue Straße, welche eher einer herkömmlichen Autobahn gleicht.


Das erste drittel der Straße wurde erneuert und ist asphaltiert, daher geht es gleich zu Beginn sehr zügig los. Wir passieren eine Polizeikontrolle, bei der die Ausfuhr von Kokablättern kontrolliert wird. Bolivien hat sich bei der Produktion von Kokain schon einen recht großen Namen gemacht, diese Kontrolle soll dem entgegenwirken - wenn man bedenkt, dass Bolivien weltweit der 2. größte Hersteller von Kokain ist, dann zweifle ich an deren Effektivität. Im Anschluss muss man einen Gegenanstieg nach oben treten - diese 20 Minuten fluche ich so viel wie bei den ganzen Skitouren zusammennicht. Ich glaube ich bin einfach keine passionierte Radfahrerin. Als ich endlich das verheisungsvolle Schild für den Start der alten Yungas Straße sehe, bin ich richtig froh.

Ab jetzt fängt der Teil der Straße an, der für den berüchtigten Namen verantwortlich ist und wenn man sich die Abgründe anschaut, dann wird einem auch bewusst warum. Mit dem Rad macht das richtig Spaß, aber mit dem Auto würde ich tausend Tode sterben. Ich stelle mir vor wie Onko und Marie bei ihrer Bolivienreise in einem dieser Busse gesessen sind und mir wird dabei ganz anders. Wie kann man nur so eine Straße bauen und dann mit LKWs und Bussen zweispurig darauf fahren. Es gibt hier sogar eine Regelung von rechts auf links Verkehr, damit der Fahrer bei engen Passagen, den Abgrund besser einschätzen kann - alles völligst Absurd.

Als wir endlich unten sind, stehen wir mitten im Dschungel. Die Tour lassen wir in einer Tierrettungsstation ausklingen und überall springen Affen herum. Alle Türen haben komplizierte Öffnungsmechanismen, weil die Affen sonst ein und aus spazieren würden wie sie wollen. Leider habe ich die Mückensituation stark unterschätzt am nächsten Tag sehen meine Beine so aus:


Beschreibungen unseres Marathontrainings erspare ich euch. In diesen Tagen mache ich meinen ersten Lauf, welcher länger ist als 11km. Das alles ermöglicht durch viel Motivation von Hannes und Musik. Musik ist tatsächlich so hilfreich beim Laufen, dass ich mich an die Erstellung einer perfekten Playlist für den Marathon mache. Dabei sind offensichtliche Songs wie z.B. "Don't stop believin'" und "Don't stop me now" gut vertreten. Generell kann man sagen, dass "Don't stop" beim Joggen ein gutes Mantra ist, für einen Marathon hilfts noch mehr. ;-)


Unser letzter Tag in La Paz bricht an und wir zelebrieren unseren letzten Abend in einem Restaurant mit Ausblick über die Stadt. Das steil ansteigende Lichtermeer ist immer wieder beeindruckend.


Als wir uns am nächsten morgen ins Auto setzen merken wir aber, dass unser rollendes Zuhause einen anderen Plan für uns gemacht hat. Die Handbremse löst sich nicht und das Auto bewegt sich keinen Millimeter. Weil aber der 1. Mai ist, wird schnell klar, dass wir noch eine Nacht bleiben müssen. Abends kontaktiere ich verzweifelt ca. 10 verschiedene Werkstätten - alles ohne Erfolg. Am nächsten Tag wir einen Mechaniker, der sich dem Problem annimmt und nach stundenlagem hin und her baut er unsere rechte Handbremse aus. Dabei werden wir auf Schritt und Tritt von dem Parkplatzvermieter Hund begleitet, welchen Hannes liebevoll "Wurschtgsicht" tauft.

Das Problem wurde, ich würde sagen, im "bolivianischen Stil" gelöst. Ab jetzt wird unsere Fahrt von permanentem sehr lautem Gedüdel begleitet, weil die Elektronik denkt, dass die Handbremse noch angezogen ist - klasse! Mit einem Bluetooth Speaker können wir Abhilfe verschaffen und mit lauter Musik und Hörbuch die Mercedes Kakofonie übertönen.

Wir nehmen uns noch Sandwiches aus unserem Lieblingscafé mit - beim Reinkommen begrüßen uns die Kellner mit einem Schmuzeln.

Als wir aus der Stadt raus in Richtung Titicacasee fahren bin ich melancholisch - ich bin mir aber auch sicher, dass ich nicht zum letzten Mal hier war. Außerdem habe ich noch eine Rechnung mit dem Huayna Potosi, Illimani und Sajama offen.





 
 
 

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